Berlin: Es hat fünf Grad, es regnet, und es ist um vier schon ziemlich finster. Um zwei bekam ich eine kurze Nachricht aus Ägypten. Es hat 26 Grad, der Himmel ist blau, und um fünf ist es noch hell. Eigentlich wäre die Entscheidung, wo der Mensch jetzt im Moment lieber wäre, doch relativ einfach. Es sind noch knapp drei Wochen, bis ich endlich fliege. Drei Wochen Ägypten. Am Roten Meer. Zugegeben, mir rutscht das Wort Urlaub auch manchmal heraus. Freudscher Versprecher natürlich. Aber ich versichere dann mit ernster Mine, dass ich dahin fliege um hart zu arbeiten. Allerdings ist es ja nicht verboten, sich auch bei der Arbeit wohl zu fühlen.
Es ist komisch. In all den Jahren bin ich immer wieder von besorgten Mitmenschen gefragt worden: Hast Du keine Angst? Wenn da etwas passiert. Man hört soviel. Die Terroristen! Nun muss ich allerdings fairerweise zugeben, dass ich mich häufig genau dann in ein Flugzeug Richtung Ägypten gesetzt habe, wenn es gerade eine Reisewarnung gab. Häufig kam sie ziemlich voreilig. Immer wieder hat sich das Land von den Anschlägen der Gamaa al Islamiya oder von Al Khaida erholt. Zwei Golfkriege haben den Tourismus zum erliegen gebracht. Doch nach spätestens einem halben Jahr begannen die Menschen wieder ans Rote Meer zu strömen. Das war sicher nicht nur dem schlechten Gedächtnis geschuldet. Es hat eine ganze Menge mit dem Land und den Menschen, mit der Herzlichkeit, Fröhlichkeit und Gastfreundschaft zu tun.
Diesesmal hat mich noch niemand gefragt, ob ich nicht Angst vor der Reise hätte. Zufall? Schlechtes Gewissen? Ausgerechnet die Revolution, die doch von Europa so begrüßt wurde, hat dazu geführt, dass die Europäer Ägypten wieder großräumig umfahren (wie übrigens Tunesien auch). Als legten sie es darauf an, einer Minderheit, wie zum Beispiel den Salafisten, den Rücken zu stärken. Das sind freilich Zusammenhänge, die ein durchschnittlicher Mitteleuropäer nicht unbedingt erkennen muss. Dafür ist jetzt ja dieses Blog da.
Es handelt sich um ein Produktionsblog. Wer sich dafür interessiert, kann die Entstehungsgeschichte meines neuen Buches „Koulou Tamam, Ägypten?“ verfolgen. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere an das Buch: „Mafish mushkella, Ägypten„. Ja, es ist eine Fortsetzung. Für ein in Deutschland zu verkaufendes Buch einen arabischen Titel zu wählen war damals schon sehr mutig und ist heute keineswegs besser. Vielleicht soll es nur kaschieren, dass ich seit 20 Jahren, in denen ich Ägypten im Durchschnitt zwei Mal besucht habe, noch immer nur unwesentlich mehr arabische Worte kenne, als die Genannten. „Koulou tamam?“ heißt frei übersetzt „Alles klar?“. In „Mafisch mushkella“ („Kein Problem“) habe ich versucht, dem Europäer, wenn er als Tourist nach Ägypten kommt, die arabische Seele zu erklären. Mit „Koulou tamam“ will ich dem Europäer die arabische Seele erklären, auch wenn er nicht nach Ägypten kommt.
Ägypten ist in einer spannenden Phase. Und was am Ende kommen wird, weiß vielleicht wirklich noch niemand recht zu sagen. Aber einige Dinge scheinen mir völlig klar: Ägypten hat von seiner Gastfreundschaft und Fremdenfreundlichkeit durch die Revolution nichts verloren. Besucher sind nach wie vor willkommen. Außerdem denke ich, wer jetzt in dieser Zeit hinreist, wird Zeuge, wie gerade Geschichte gemacht wird.
Also ich freu mich drauf.
Ich freu mich aufs Buch und auf Dich!!!
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