Dass es länger keinen Blogeintrag auf dieser Seite gab, hat drei Gründe. Der für mich angenehmste war, dass wir eine Woche im tschechischen Spindlermühle beim Skifahren waren. Der Zweite: ich musste das Manuskript nun überarbeiten und korrigieren. Heute kommt es ins Lektorat. Und der letzte Punkt: Ich musste vieles jetzt erst einmal sacken lassen.
Vorgestern jedoch hatte ich ein langes Gespräch mit einem alten Bekannten, der einen ganz ähnlichen Ägypten-Hintergrund hat wie ich. Es ging dabei um die Frage, wie die Zukunft der Europäer in Hurghada aussieht. Viele von den Betroffenen sehen sie alles andere als rosig. In diesem Gespräch berichtete der Bekannte von einem Europäer in Hurghada, der dort seit 25 Jahren lebt und arbeitet und heute sage, er habe unter den Ägyptern keinen einzigen Freund gefunden. Ich war im ersten Moment ein wenig schockiert, habe mir aber lange Gedanken darüber gemacht.
Ohne mir da jetzt ein großes Urteil anmaßen zu wollen, so scheint mir das gar nicht so ungewöhnlich zu sein. Aller Freundlichkeit und Gastfreundschaft zum Trotz, scheinen wahre Freundschaften zwischen Europäern und Ägyptern doch eher ungewöhnlich zu sein. Natürlich habe ich mich gefragt, woher das denn kommt und bin für mich zu einem höchst überraschenden Ergebnis gelangt. Ich glaube, es liegt daran, dass die ägyptische Gesellschaft streng strukturkonservativ ist. Selbst liberale, weltoffene und progressive Ägypter unterliegen diesem Strukturkonservatismus. Das heißt ja per se nichts schlechtes. So beinhaltet der Begriff auch gutes Benehmen, Höflichkeit und Respekt dem anderen Gegenüber, der sich er sehr stark im formalen Umgang miteinander zeigt. Er zeigt sich aber auch in einer sehr stark hierarchisch gegliederten Gesellschaft. Die bei uns so gerne zitierte „Augenhöhe“ gibt es in der ägyptischen Gesellschaft kaum. Jeder hat eigentlich seinen Platz in der Rangordnung.
Auf der anderen Seite sind da die Europäer, die vor 25 oder 20 Jahren ans Rote Meer kamen. Wer sich als Tauch- oder Surflehrer, Reiseleiter, Animateur, Gastronom oder anderweitig hier niedergelassen hatte, war ja aus europäischer Sicht schon soetwas wie ein Aussteiger. Bei manchen stimmte die Einordnung sicher, bei anderen nicht. Aber eines ist klar, die Grundhaltung der allermeisten, die in das Land kamen, war eher informell als förmlich. Und natürlich wollte man dem Gegenüber auf Augenhöhe begegnen. Niemand kam ja als Kolonialist oder wollte sich gar dem Vorwurf des Rassismus aussetzen. Für jemanden, der gewohnt ist, nur in Hierarchien zu denken, mag ein so legeres Verhalten wohl eher befremdlich wirken.
Können aus solch unterschiedlichen kulturellen Voraussetzungen tatsächlich wahre Freundschaften erwachsen? Natürlich könnte man an dieser Stelle trefflich über die Freundschaft an sich diskutieren. Doch in diesem Fall ist es ja vielleicht auch nur eine Frage der Definition. Was für den einen nur oberflächliches Geplänkel ist, bedeutet für den anderen schon tiefe Freundschaft.
Immerhin kann dieses Nachdenken über das zwischenmenschliche Miteinander auch dazu beitragen, zu verstehen, was in dem Land gerade passiert. Da hat ja nicht nur ein politisches System abgewirtschaftet, da wird auch die Struktur der Gesellschaft massiv in Frage gestellt. Die Veränderung der Landes führt leider auch dazu, dass manche Werte wegbrechen, die gerade die Europäer in Ägypten sehr geschätzt haben.
Ägypten wird nicht mehr das Land sein, das es vor der Revolution war, wenn die ganze Transformation erst einmal abgeschlossen ist. Das gilt auch für das Verhältnis zwischen Ägyptern und Ausländern. Immerhin wollen beide, dass Ägypten ein beliebtes und attraktives Urlaubsziel bleibt. Deshalb werden sie auch in Zukunft an einem Strang ziehen. Die Geschäftsgrundlagen werden allerdings wohl neu ausgehandelt werden.