Irgendwie erwischt einen der Alltag dann doch ganz schnell wieder. Gestern Abend gelandet und heute schon wieder in einem (aufgeräumten????) Büro. Zugegeben, das aufgeräumt war für mich tatsächlich sehr ungewöhnlich. Warum lass ich auch alles stehen und liegen, wenn ich wegfliege.
Ägypten lässt mich hier natürlich auch nicht in Ruhe. Aber es ist schon krass, wie unterschiedlich die Dinge in Ägypten und in Deutschland gesehen werden. Da wird es zu einem ganz großen Thema, dass einige Islamisten beim Schwur auf die Verfassung der Eidesformel noch „wenn es der Scharia entspricht“ zufügten und vom Parlamentspräsidenten zurückgepfiffen wurden. Übrigens hat auch ein Sozialdemokrat, der nun wirklich nicht im Verdacht steht, islamistisch zu sein, der Eidesformeln noch einen Satz angehängt, in dem er die Märtyrer vom Tahrir beschwört.
Vor ein paar Tagen hörte ich noch in Ägypten, dass die Militärs nach der Wahl die Regierung nicht auswechseln wollen. Auch das hat zu einigen Irritationen geführt. Jetzt habe ich mir mal die ägyptische Verfassung – zugeben nur oberflächlich – angesehen. Siehe da, Ägypten hat noch immer eine präsidiale Verfassung – aber keinen Präsidenten. Eigentlich ist der Militärrat der Präsident. Nun ist es mitnichten so, dass in einem Präsidialstaat die Regierung vom Parlament gewählt wird. Zum Beispiel Frankreich. Da wählt die Nationalversammlung auch nicht die Regierung. Oder wie ist es in den USA? Bestimmt da der Kongress, wer Minister wird? Man kann den Militärs in Ägypten ja vieles vorwerfen, aber dass sie nach den Wahlen die Regierung nicht austauschen, ist einfach mal verfassungskonform.
Allerdings ist das wichtigste Recht des Parlaments das Etatrecht, es wird als das Königsrecht des Parlaments bezeichnet. Doch genau da beschneiden die Militärs das Recht der Legislative, nämlich dann, wenn es um den Haushalt den Armee geht, in dem viele ausländische Milliarden stecken. Genau das könnte aber zur Nagelprobe für Ägypten auf dem Weg zur Demokratie werden. Gelingt es dem neugewählten Parlament, sein Königsrecht in ganzem Umfang durchzusetzen, dann wird das mit der Demokratie im Laufe der Zeit schon klappen. Gelingt es nicht, dann wird es kaum möglich sein, die Mubarak-Strukturen zu beseitigen. Denn wenn die bleiben, werden sie den Weg zur Demokratie verstellen, soviel dürfte wohl sicher sein.
Zum Schluss doch noch etwas Persönliches: Ich war heute mit Robert auf der Urbanstraße unterwegs und da fiel es mir prötzlich auf. Diese himmlische Ruhe im Auto. „Soll ich das Radio anmachen?“ fragte er irritiert. „Nein“, meinte ich, „Keiner hupt und alle fahren sie in Reih und Glied.“ Drei Wochen können manchmal schon eine lange Zeit sein…